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Dokumentation für den AVOSS-Sturzflutindex veröffentlicht

Sturzfluten in Folge lokaler Starkregen (pluviale Hochwasser) haben in den letzten Jahren sehr hohe Schäden verursacht. Die Gefährdung durch solche Ereignisse wird durch den Klimawandel und zunehmenden Flächennutzungsdruck zukünftig vermutlich weiter zunehmen. Neben der Bewusstseinsbildung und der vermehrten Entwicklung von Schutzstrategien, sind vor allem die großräumige Einordnung der Sturzflutanfälligkeit sowie die Verbesserung von Sturzflutvorhersagen und Sturzflutwarnungen Komponenten, die zu Fortschritten im Umgang mit Sturzfluten beitragen. Deshalb wurde im Rahmen des Forschungsprojekts AVOSS ein Index zur systematischen Klassifikation von Sturzfluten abgeleitet, mit dem die Sturzflutanfälligkeit von Gebieten bewertet und die Warnung vor Sturzfluten verbessert werden kann. Um sicherzustellen, dass dieser neue Sturzflutindex (SFI) den Anforderungen der praktischen Anwendung gerecht wird, wurden bei der Konzeption des SFI die assoziierten Praxispartner von AVOSS eingebunden. Die Dokumentation zu dem Sturzflutindex wurde nun veröffentlicht.

Im Gegensatz zu Flusshochwassern (fluviale Hochwasser) geht die Hauptgefahr bei Sturzfluten von wild abfließendem Oberflächenabfluss aus. Daher können Sturzfluten nicht mit den für Flusshochwasser üblichen, auf Pegelzeitreihen basierenden Wahrscheinlichkeiten (Jährlichkeiten) kategorisiert werden. Hochwasserjährlichkeiten sind daher auch keine geeignete Basis zur Warnung vor Sturzfluten. Da das Auftreten und das Ausmaß der pluvialen Hochwasser nicht nur durch die Niederschlagsintensität gesteuert werden, reicht andererseits auch die Einordnung in die Niederschlagsstatistik oder die Angabe eines Starkregenindexes nicht aus, um Sturzfluten adäquat zu kategorisieren bzw. vor diesen zu warnen. Der SFI bezieht sich deshalb auf wild abfließendes Wasser und berücksichtigt neben dem Niederschlag auch die für die Entstehung von Sturzfluten maßgeblichen hydrologischen und hydraulischen Gebietseigenschaften und Prozesse.

Der SFI wird aus dem gebiets- und ereignisspezifischen relativen Anteil von Sturzflutgefahrenflächen (SFGF) an gerasterten Bezugsflächen ermittelt. Als SFGF werden jene Flächen definiert, auf denen es zur Gefährdung von Fußgängern oder Fahrzeugen durch wild abfließendes Wasser kommt. Eine Gefährdung liegt dann vor, wenn kritische Werte für den Wasserstand (z), die Fließgeschwindigkeit (v) oder den spezifischen Durchfluss (q=v*z) überschritten werden. Auf der Basis historischer Ereignisse und Starkregengefahren-Szenarien wurden drei SFGF-Schwellenwerte festgelegt, sodass eine Kategorisierung in vier SFI-Klassen erfolgt (0 = „keine bis geringe Gefahr“ bis 4 = „sehr große Gefahr“). Flächendifferenzierte und ereignisabhängige SFGF-Werte und SFI-Klassen können über den Niederschlagsinput, die zeitlich dynamische Simulation der Entstehung von Oberflächenabfluss und die hydrodynamische Simulation der Konzentration und Akkumulation des Oberflächenabflusses ermittelt werden.

Neben einem hydrodynamischen Modell ist vor allem ein geeignetes hydrologisches Modell notwendig, mit dem die Infiltrationsprozesse sowie die Entstehung von Infiltrationsüberschuss und Sättigungsflächen räumlich differenziert mit realistischen Ansätzen simuliert werden.

Der SFI ermöglicht folglich die Einordnung eines Ereignisses anhand der Gefährdung durch wild abfließenden Oberflächenabfluss unter Berücksichtigung aller für die Entstehung einer Sturzflut maßgeblichen Einflussfaktoren und Prozesse. Der SFI hat damit einen deutlichen Mehrwert gegenüber gebräuchlichen Starkregenindices. Mithilfe des SFI kann z. B. die Sturzflutanfälligkeit unterschiedlicher Gebiete bewertend verglichen werden. Vor allem bildet der SFI aber eine wichtige Grundlage für die operationelle Vorhersage von Sturzfluten und entsprechende Warnungen. Durch die Verknüpfung des SFI bzw. der zugrundeliegenden Sturzflutgefahrenflächen mit detaillierten lokalen Informationen kann dabei auch die operationelle Umsetzung von Alarm- und Einsatzplänen objektiviert und verbessert werden.

Die Dokumentation dazu finden Sie hier:

Krumm, J.; Haag-Wanka, I.; Leistert, H.; Hänsler, A.; Steinbrich, A.; Schmit, Max; Weiler, M. (2024): Konzeption, Ermittlung und Anwendungsmöglichkeiten des Sturzflutindexes (SFI). 10.6094/UNIFR/246016

Weitere Informationen zum Projekt AVOSS unter: https://www.avoss.uni-freiburg.de/

Bildunterschrift: Übersicht über die Methodik zur Ableitung eines Sturzflutindex (SFI), der neben den Niederschlagsvorhersagen auch die Oberflächenabflussbildung berücksichtigt.